Spieler, Trainer, Funktionär: Der FC Langengeisling trauert um Ernst Stenzel
Im 104. Vereinsjahr steht beim FC Langengeisling gerade die Zeit still. Die für Samstag geplante Saisoneröffnungsfeier ist abgesagt. Der Verein ist tief getroffen vom Tod von Ernst Stenzel. Im Alter von 66 Jahren ist er nach kurzer schwerer Krankheit verstorben. Mehr als ein halbes Jahrhundert hat er den FCL geprägt wie kein Zweiter: als Spieler, Trainer und Funktionär.
Der Sport und vor allem der Fußball spielte auch daheim eine große Rolle. „Und das war auch gut so“, sagt Kilian (26), „denn wir sind ja genauso gestrickt wie er“. Er meint damit auch seine Brüder Lukas (32), Vincent (30) und Severin (24), die wie ihr Vater beim FCL kicken. Wie er als Vater war? „Ruhig, nie aufbrausend. Wenn er mal laut wurde, dann höchstens, wenn ich bei schönstem Wetter vorm Fernseher saß, anstatt mich draußen rumzutreiben“, sagt Kilian, und Vincent ergänzt: „Aber auch da war er höchstens so gaudi-sauer.“
Auf dem Fußballplatz sei das nicht anders gewesen. Alle vier hatten ihren Vater als Trainer. War das schwierig? „Nein, denn er hatte einfach eine Riesenahnung vom Fußball, und das konnte er auch allen vermitteln“, sagt Vincent. Jeder in der Mannschaft habe das gespürt und anerkannt, und alles ohne Geplärre, selbst im pubertierendsten Jungs-Haufen. „Gefühlt ist er pro Halbsaison höchstens einmal laut geworden. Das hat gereicht“, rechnet Vincent vor, der noch eine andere Seite seines Vaters lächelnd verrät: „In Musik war er eine absolute Niete. Das wusste er auch, aber ihm war es wichtig, dass wir alle ein Instrument gelernt haben. Und da war er auch stolz darauf.“
Auch diese Seite kennt kaum jemand: „Er war ein sehr guter Koch. Muscheln, alle möglichen Fischarten, Gemüse – er hat immer gesagt, für die Kulinarik ist er zuständig“, erzählt Pia Stenzel. Acht Jahre waren sie nun zusammen, im Februar haben sie geheiratet. Im September wollten sie die Hochzeitsreise nachholen: „Mit nem Boxster an die italienische Riviera – das war sein Traum“, sagt sie. Im November vergangenen Jahres war Ernst Stenzel in Rente gegangen. „Wir hatten noch so viel vor“, sagt sie.
Voller Optimismus sei ihr Mann ins Krankenhaus gegangen. Mit einer Stammzellenspende sollte seine Leukämie-Erkrankung besiegt werden. „In sechs Wochen bin ich wieder raus“, habe er gesagt. Es kam anders, Komplikationen wegen eines Nierenleidens. „Und jetzt ist er nicht mehr da, und wir sind alle fassungslos“, sagt Pia Stenzel. „Er war der Fels und wir die Kieselsteine.“
So sehen es auch die Funktionäre des FC Langengeisling. „Sein Engagement, seine besonnene Art und seine Fähigkeit, selbst in den turbulentesten Momenten Ruhe und Souveränität auszustrahlen, haben ihn zu einer unverzichtbaren Stütze des FC Langengeisling gemacht“, sagt Vorsitzender Sepp Kaiser.
Ernst Stenzel war im gesamten Landkreis als hochtalentierter Fußballer bekannt. Abwerbeversuche gab es genügend. Er blieb seinem Heimatverein stets treu. Er wurde zum Kopf der Goldenen Generation, die den FCL in den 1980ern in die Bezirksliga gebracht hat. Mehrfach war er Trainer der ersten Herren-Mannschaft, führte sie zum Beispiel 1999 zurück in die Kreisliga. Ernst Stenzel war ein Fußballfachmann, seine Meinung zählte. Deshalb setzte der Verein auch Visionäres um, mit dem er allen anderen oft Jahre voraus war: zum Beispiel beim Bau des Kunstrasenplatzes oder bei der Gründung der JFG Sempt Erding. Auch die erste Mädchenmannschaft initiierte er. Still, wie er stets war, hat er es genossen, dass die FCL-Herren nach fast 40 Jahren wieder in die Bezirksliga zurückgekehrt sind. Nur wenn er in die Spielanalyse ging oder über die Aufstellung sinnierte, wurde er lebhaft, diskutierte und dozierte. Alle haben ihm da gern zugehört, denn er hatte so unfassbar viel Ahnung vom Fußball.
von Dieter Priglmeir / Erdinger Anzeiger